Musik ist Kommunikation

„Musik ist Kommunikation und fördert die soziale Kompetenz“. Diesen Satz habe ich jedenfalls 20 Jahre lang gepredigt. Als Musikschulleiter hatte man diese Weisheit, garniert mit verschiedenen wissenschaftlichen Studien, jedem Politiker vorzubeten, der nicht bei Drei auf den Bäumen war.

Ich bin zwar nicht mehr als Musikschulleiter tätig, als Rudeltier jedoch immer noch daran interessiert, mit meinem Rudel zu kommunizieren. Da ich auch in einer neuen Gegend wohne und noch niemanden kenne, erinnere ich mich an so schöne Rituale, wie das Grüßen unter Motorradfahrern, und auch unter den Mazda MX5-Fahrern signalisiert man sich durch Nicken „Hey, wir sind eine Gemeinschaft, ein Rudel“. Auch unter Joggern grüßt man sich, das wusste ich auch von früher. Also kramte ich meine Jogging-Klamotten raus und lief raus in den Wald zu meinem Rudel.

Die erste Joggerin schaute mich gar nicht an und konnte deswegen meinen Gruß natürlich nicht bemerkt haben. Vielleicht bin ich jetzt zu alt und das ist jetzt die Diskriminierung des Alters, von der immer alle gesprochen haben. Also lief ich weiter und grüßte den Nächsten. Diesmal etwas auffälliger. Doch der hatte Kopfhörer auf und bemerkte mich ebenfalls nicht. Etwas später kam mir jemand entgegengelaufen, der schon in meine Richtung schaute. Er sah mich von Weitem schon an, insofern sparte ich mir das Energie raubende Winken und grüßte mit einem motiviertem „Guten Morgen“… Nichts..

Er schaute, wie durch mich hindurch. Erst dachte ich: Vielleicht bin ich ja unsichtbar, das hatte ich mir als Kind doch immer Mal gewünscht. Doch angesichts meiner neongelben Jogging Jacke kamen mir Zweifel und genau in diesem Moment, als der Jogger mit dem apathischen Blick schon fast an mir vorbei war, sah ich seine weißen Ohrstöpsel. Die Nächste hatte weder Ohrstöpsel noch Kopfhörer, war aber, wahrscheinlich aufgrund ihres Körpergewichtes mit sich und Ihrem Laufstil so beschäftigt, fast möchte man sagen: überfordert, dass sie ganz andere Sorgen hatte als sich genau in diesem Moment auch noch um mich zu kümmern.

Das war wohl nichts mit der Kommunikation, dachte ich und überlegte, wie es denn in der Musik so ist. Nun, wenn ich ehrlich bin, saßen die meisten Schüler in den Ensembleproben mit dem Handy in der Hand und daddelten darin rum, sobald eine Unterbrechung oder Erläuterungen zur Musik notwendig wurde. Auch fiel mir auf, dass es durchaus nicht mehr üblich war, dass die Schüler im Orchester sich – selbst nach einjähriger, wöchentlicher Probe – gegenseitig mit Namen kannten.

Und die Musiker und Musiklehrer? Nun, die konnte kommunizieren: Sobald man sie ansprach, sprudelt es aus Ihnen heraus: Hab‘ keine Zeit.., ich hab‘ schon viel zu tun…, im Moment hab‘ ich so ein Stress…, ich muss das leider absagen…, ich brauch auch Mal Zeit für mich…, ich stelle mir das anderes vor.., ich, ich, ich…

Ist das noch „Ich-AG“ oder schon Work-Life-Balance? Oder… vielleicht sollten sie es ja mal alle mit Musik versuchen. Die fördert doch, die Kommunikation, soziale Kompetenz, Zuhören und Gemeinschaftsgefühl.